Start zum Karwendelmarsch
Es ist 02:30 Uhr. Der Wecker klingelt. Anke und ich stehen auf, ziehen uns an und fahren um 02:55 Uhr im schon gestern beladenen Auto nach Scharnitz zum Start des Karwendelmarsch2015.
Die Legende lebt. Lange bevor ich das erste Mal daran dachte einen Ultratrail zu laufen, ist mir der Karwendelmarsch mit 52 km Länge aufgefallen. Erst jetzt bei der siebten Auflage hat es mit einer Teilnahme geklappt. Angemeldet hatte ich mich erst kurz vor Meldeschluss vor gut einer Woche, obwohl ich wusste, dass mein Knie nicht ganz in Ordnung ist.
Kurz vor 5 Uhr kommen wir in Scharnitz an. Ein kostenloser Parkplatz direkt neben dem Start ist unser. Es dauert keine 5 Minuten und ich habe meine Startnummer abgeholt. Die Organisation ist perfekt vorbereitet auf 2.500 Läufer und Marschierer. Das Teilnehmerlimit ist erreicht.
Im Auto ein kleines Frühstück, Tee und Müsli. Wie es der Zufall will, treffen wir Heike, Werner und Marcus – liebe Weggefährten durch die Ultrawelt. Schnell füllt sich das Startgelände. Läufer und Marschierer sammeln sich in getrennten Arealen. Etwa 700 Läufer stehen gegen 1800 Marschierer und Nordic-Walker.
Karwendelmarsch – Start mit Böllerschuss
Mit einem Böllerschuss entlädt sich das Läuferfeld in den Karwendel. 52 km mit 2.281 Höhenmetern stehen auf dem Programm. Nach etwa 500m geht es erstmals bergauf. Auf einem guten Fahrweg ist Platz. Trotzdem das Tempo hoch ist versuche ich meinen Rhythmus zu finden. Puls oft über 150. Ok, heute ist der Rhythmus wohl höher ;-).
Entlang des Karwendelbachs bzw. des E4 Weitwanderwegs laufen wir durch das Karwendeltal. Der Weg ist jetzt flacher mit kaum spürbarer Steigung. Meine Beine sind erholt durch die Trainingspause der letzten Wochen. Positiv erschrocken bin ich über die Zeit von 60 min für die ersten 10km.
An der ersten Verpflegung gibt es Holunderwasser. Dabei werde ich bleiben. Ab der Angeralm beginnt der Anstieg zum Karwendelhaus. Bis hierher konnte ich durchlaufen. Jetzt wechsle ich zwischen schnellem Gehen und Laufen ab.
Karwendelhaus – der erste Anstieg ist geschafft
Bis zum Karwendelhaus ist die Temperatur angenehm warm und wir laufen im Schatten. Erst hier schlägt die Sonne mit voller Kraft zu. Einen Tag mit 30 Grad in Tallagen spürt man auch im Gebirge. Mir macht die Hitze nicht allzu viel aus. Aber ich weiß: Trinken, Trinken, Trinken ist angesagt.
Immer wieder ist die lange Perlschnur der Läufer im Blick nach vorn und zurück zu sehen. Der erste Downhill vom Karwendelhaus hinunter zum Kleinen Ahornboden ist zwar nicht steil, aber mein rechtes Knie ist nicht sehr erfreut darüber. Entsprechend wähle ich ein eher mäßiges Tempo. Damit die Sache nicht so einseitig ist plagt mich links der Ischiasnerv ;-).
Karwendelmarsch – steigender Schwierigkeitsgrad
Der Karwendelmarsch steigert seinen Schwierigkeitsgrad von Steigung zu Steigung. Der zweite Anstieg zur Falkenhütte ist zwar nicht schwer, aber doch einiges steiler als zum Karwendelhaus. Die pralle Vormittagssonne tut ihren Teil dazu.
Der leichte erste Teil und erholte Beine machen es möglich. Auf anderen Trails ist es oft schwer einen 5er oder 6er Schnitt hinzubekommen. Trotzdem, aus dem 10er Schnitt wird langsam aber sicher ein 9er und 8er Schnitt. Immer noch enorm schnell für meine Verhältnisse.
Wieder habe ich auf dem Downhill keine große Freude. Knie und Ischias bremsen mein Tempo. Erfreulicherweise geht meine Strategie: „Trinken, Trinken, Trinken“ auf. Eine Pinkelpause tut Not.
Karwendelmarsch Zwischenziel Eng – Großer Ahornboden
Nach 35 km und exakt 4:30 Stunden erreiche ich die Engalm im Großen Ahornboden. Für die 35 km Aspiranten ist hier Schluss. Noch 16,3 km und ein richtig knackiger Anstieg warten noch auf uns.
Ich tanke Käsebrot, Holunderwasser und Energieriegel. Die 600 Höhenmeter von der Eng auf den Gramai Hochleger sind heute die Schlüsselstelle. Die Mittagssonne brennt gnadenlos auf uns Läufer herunter. Immer wieder halten Läufer ein paar Sekunden an oder setzen sich auf einen Steine um zu verschnaufen. Auch für mich ist es zäh, aber es sind Körner genug da, um durchzuziehen. Endlich, wie aus dem Nichts taucht aus den Latschen der Sattel auf und runter geht’s.
Karwendelmarsch mit Begleitung – Knieschmerzen
An der Gramaialm-Hochleger kurze Verpflegung: Käsebrot und Holunderwasser. Der folgende Abstieg ist steil. Ich passe höllisch auf um möglichst knieschonend (haha!) ins Tal zu kommen. Trotzdem gibt dieser Downhill meinem Knie den Rest.
Der Schmerz ist im Tal unten so stark, dass ich zwar noch langsam laufen kann, aber immer wieder mal ins Gehen fallen muss. Der genaue Beobachter wird sicher den einen oder anderen Humpler bemerkt haben. Ich zwinge mich so viel wie möglich zu laufen, denn Gehen dauert noch länger. 8 km können sich verdammt lange anfühlen :(.
Pertisau am Achensee – Finish
Endlich, das Ortsschild von Pertisau am Achensee, dem Zielort des Karwendelmarschs, ist erreicht – nur noch 1 km. Vielleicht sind es Endorphine, aber die letzten Meter gehen noch einmal erstaunlich gut. Nach 07:20 Stunden und 52 km erreiche ich das Ziel. Schnitt 7,1km/h – immer noch bestens, aber heute hätte es nicht weiter sein dürfen.
Freudig empfängt mich meine Frau Anke. Sie hatte auf 07:15 als Endzeit getippt – nicht schlecht :-). Ich ändere meine Getränkestrategie auf einen Becher Weizen und humple zum Auto und zur Dusche. An ein Weiterlaufen wäre nicht mehr zu denken.
Im Steinöl-Shop erstehen wir Tiroler Steinöl-Salbe. Diese wird in Pertisau produziert und wird hoffentlich meinem Knie wieder auf die Sprünge helfen. Nach einem Besuch des örtlichen Italieners treten wir die Heimreise an.
Der Karwendelmarsch ist eine bestens organisierte Veranstaltung, die man sich auch als Läufer nicht entgehen lassen sollte. Wunderschöne Landschaft, eine sich an Schwierigkeiten steigernde Laufstrecke mit dem Achensee bzw. Pertisau als Zielort lohnen sich.
Klasse!