Zugspitz Ultratrail – 2015 ist alles anders
Doch zurück zum Anfang: Beim zweiten Mal ist alles anders. Im letzten Jahr stand meine Teilnahme beim Zugspitz Ultratrail unter dem Motto bzw. der Frage: „Schaffe ich das überhaupt in der geforderten Zeit von max. 26 Stunden?“. Dieses Jahr stand nicht mehr das Ankommen im Vordergrund, sondern es besser zu machen bzw. schneller zu sein.
Die Wetteraussichten für den Samstag, den 20.06.15 waren schon im Vorfeld leicht dramatisch. Es sollte der schlechteste und kälteste Junitag 2015 werden – und Regen und Kälte sind absolut nicht mein Ding.
Trotzdem, ich war wesentlich besser vorbereitet als letztes Jahr, hatte gut trainiert. Wenn nichts dazwischen kommt sollte eine Zeit unter 20 Stunden auf jeden Fall drin sein.
Ankunft und Vorabend in Grainau
Das Wetter bei der Ankunft in Grainau ist noch einigermaßen annehmbar, obwohl auch hier schon teils starke Regenschauer auf die Stimmung drücken. Bei der Pastaparty und Wettkampfbesprechung im Pavillon treffen wir viele alte Bekannte.
Über 2.000 Teilnehmer aus 50 Nationen werden morgen auf verschiedenen Trail-Strecken an den Start gehen. Für die Ultradistanz haben sich wieder fast 700 Läufer entschieden.
Die Organisatoren weisen darauf hin, dass für morgen extreme Bedingungen erwartet werden (starke Regenschauer und Schnee bis unter 1.800m). Daher kann es sein, dass wir die höchsten Punkte aus Sicherheitsgründen auslassen und auf einer Alternativroute umgehen werden. Entschieden wird aber erst am Morgen vor dem Start.
Zugspitz Ultratrail – letzte Vorbereitungen über Nacht
Anke und ich verziehen uns in unser kuscheliges Hotelzimmer. Das ist’s wenigstens warm. Das Rucksack-Packen ist eine kleine Wissenschaft. Ich darf nichts vergessen, was zur Pflichtausrüstung gehört. Regenkleidung und lange Wechselklamotten, was auf einigen Abschnitten Pflicht ist.
Das meiste verpacke ich noch zusätzlich in Gefrierbeutel, um es einigermaßen trocken zu halten. In den Sack mit den Wechselklamotten für den VP5 – Hubertushof bei km 56 packe ich Ersatzschuhe und Kleidung. Gegen 22:30 schlafen wir ein. Hoffentlich wird das Wetter gnädig mit uns morgen.
Zugspitz Ultratrail – Pflichtausrüstung bzw. welche Klamotten ziehe ich an?
Um 04:30 werfe ich einen ersten Blick nach draußen. Alles wolkenverhangen und Regenschauer ziehen durch. 5 Uhr Frühstück im Hotel – ein mulmiges Gefühl liegt in der Luft. Dann letzte Toilettengänge, Rucksack schultern und Abmarsch zum Startgelände. Wechselklamotten abgeben zum Transport nach Reindlau. Einchecken ins Startgelände. Jeder Rucksack wird genau kontrolliert, ob alle die Pflichtausrüstung, wie z.B. Rettungsdecke etc. dabei haben. Shakehands mit Bekannten – „Hau rein“, „Viel Glück“! Keiner von uns ist unbeschwert, jeder weiß: Heute wird es hart.
Beim letzten Briefing vor dem Start erhalten wir die Mitteilung: „Wir laufen die Originalstrecke“ – ok, dann ist Schnee vorprogrammiert.
Startaufstellung zum Zugspitz Ultratrail 2015
Meine Entscheidung ist es mit Langarmshirt und leichter Regenjacke zu starten. Knielange Hose und lange Socken sollten in Verbindung mit Goretex Trailschuhen bis zu einer gewissen Schmerzgrenze gangbar sein. Um Punkt 07:15 starten wir angeführt von der Grainauer Trachtenkapelle neutralisiert die ersten Meter. Der Regen ist leicht bis mäßig. Wenn es so bleibt kann ich damit leben.
Diesmal habe ich im vorderen Drittel eingereiht um die ersten Kilometer nicht so viel überholen zu müssen. Die Schumpen an der Strecke finden Gefallen an uns Trail-Läufern und rennen euphorisch bis zum nächsten Gatter neben uns her :-).
Von der Hölltalklamm rüber zum Eibsee – Zugspitz Ultratrail
Ab Hammersbach geht es auf leichten Bergwegen hinauf bis zur Pforte der Hölltalklamm, dann nach rechts immer am Hang entlang weiter nach Westen in Richtung Eibsee. Langsam entzerrt sich das Läuferfeld. Ich habe meinen Rhythmus gefunden, doch der Regen wird stärker und stärker. Die Temperatur ist deutlich außerhalb meines Wohlfühlbereichs.
Bei Erreichen der ersten Verpflegungsstelle am Eibsee rufen uns die Helfer zu: „Ihr lauft Alternativroute – oben ist zu viel Schnee“. Da es mittlerweile richtig kübelt, nehme ich das zum Anlass meine dicke Regenjacke anzuziehen, die auch einen gewissen Wärmeschutz liefert.
Wir laufen wegen Schnee die Alternativroute – Zugspitz Ultratrail
Und weiter geht es in Richtung Gamsalm. Steil hinauf und dann wieder steil hinunter. Über Skipisten, Bergpfade, Forst- und Wirtschaftswege. Regen und Nässe machen das Ganze zunehmend matschiger und rutschiger. Die Schuhe versinken schon jetzt auf den ersten 20km tief im Matsch und Morast.
An der Grenze zu Österreich auf über 1.500m riecht es schon nach Schnee. Wenige Meter oberhalb sehen wir das Weiß. Dann wieder runter und nochmal rauf. An der Gamsalm tanke ich Flüssigkeit und ein wenig Früchte.
Matsch und Kälte werden unsere ständigen Begleiter sein
Der Weg rüber nach Ehrwald ist ebenfalls durchweicht. Trotz dem guten Profil meiner Schuhe finden diese teils keinen Halt mehr. Immer öfter weiche ich nach Außerhalb aus, um irgendwie hoch zu kommen. Erst der Wechsel auf einen Fahrweg bringt wieder Erleichterung.
Mein linkes Großzehengelenk mag die Kälte nicht und meckert vor sich hin. Der Hallux-Schmerz begleitet mich bis zur Hämmermoosalm.
An der Ehrwalder Bahn vorbei ziehen wir hinauf zur Pestkapelle auf über 1.600 m. Bis dahin war ich mit Radhandschuhen unterwegs. Durch den stetigen Stockeinsatz war die Kälte bis dahin kein Problem.
Panik an der Pestkapelle – Zugspitz Ultratrail
Nur Sekunden nachdem ich meine Stöcke an der Verpflegung in den Morast gerammt habe, kühlt der Wind meine Finger aus. Unter der Plane der Verpflegung suche ich Schutz und will Regenhose und Laufhandschuhe anziehen. Doch die Finger gehorchen auf einmal nicht mehr.
Das ist der Punkt, an dem ich leicht in Panik verfalle …